2. Grundbegriffe

Axiome

Die Grundannahmen der Geometrie werden als sogenannte Axiome bezeichnet. Nach EUKLID stammen die Axiome (Postulate) aus der Anschauung. Beispielsweise soll es möglich sein, eine Strecke durch zwei gegebene Punkte zu ziehen.

Die Anschauung kann jedoch subjektiv von den Betrachtenden geprägt sein (subjektive Varianz). Aber auch die Umwelt (Mikrokosmos, Makrokosmus, ...) variiert je nach Standpunkt (objektive Varianz) (vgl. [1], S. 1 ff).

Axiome

Axiome sind (freie) Vereinbarungen, die als Spielregeln der Geometrie aufgefasst werden können. Diese müssen folgenden Kriterien genügen:

  • Widerspruchsfreiheit
  • Unabhängigkeit
  • Vollständigkeit

In [4] wird ein Axiom treffend als ein von Fachleuten festgelegter konsensfähiger Grundsatz bezeichnet, der keines weiteren Beweises bedarf.

Veranschaulichung

Mit folgendem Spiel können die Axiome sowie die Begriffe Widerspruchsfreiheit, Unabhängigkeit und Vollständigkeit veranschaulicht werden.

Ronja (10) und Ben (8) wollen ein Spiel in zwei unterschiedlichen Varianten spielen.

Spiel

Das Spiel für zwei Personen besteht aus einem Spielplan und je einer roten und blauen Figur.

Ronja nimmt die rote Figur, Ben die blaue.

Spielplan

Der Spielplan ist einfach aufgebaut. Er setzt sich aus acht Feldern zusammen, die abwechselnd schwarz und weiß gefärbt sind.

Der rote und der blaue Spielstein sind beweglich.

Ablauf und Ziel des Spiels

Die Figuren starten auf dem ersten (linken) schwarzen Feld. Unter Beachtung der Spielregeln müssen die Figuren versuchen, das letzte weiße (rechte) Feld zu erreichen. Die Figur, die zuerst das Zielfeld erreicht hat, gewinnt das Spiel.

Variante 1

Regel (S1)

Jede Figur darf pro Runde immer nur um ein Feld nach rechts verschoben werden.

Regel (S2)

Die jüngste Person beginnt das Spiel.

Regel (S3)

Die älteste Person beginnt das Spiel.

Problem

Nach Regel (S2) darf Ben das Spiel beginnen. Jedoch besagt Regel (S3), dass Ronja das Spiel eröffnen darf.

Die Regeln (S2) und (S3) sind nicht widerspruchsfrei.

Variante 2

Regel (S1)

Jede Figur muss pro Runde immer zwei Felder nach rechts vorrücken. Sollte dies nicht möglich sein, bleibt die Figur auf ihrem Feld stehen.

Regel (S2)

Jede Figur darf pro Runde nur auf das nächste rechts gelegene schwarze Feld ziehen. Sollte dies nicht möglich sein, bleibt die Figur auf ihrem Feld stehen.

Regel (S3)

Die älteste Person beginnt das Spiel.

Problem

Beide Figuren stehen auf dem schwarzen (linken) Feld.

Der rote und der blaue Spielstein sind beweglich.

Startet nun beispielsweise die rote Figur das Spiel, so landet diese nach Regel (S1) wieder auf einem schwarzen Feld. Anschließend ist die Person mit der blauen Figur an der Reihe. Die rote Figur trifft beim nächsten Spielzug nach (S1) wieder auf ein schwarzes Feld. Dies wiederholt sich sollange bis die rote Figur das letzte (rechte) scharze Feld erreicht hat. Dort bleibt sie schließlich stehen.

Die rote Figur (und mit der analogen Überlegung auch die blaue Figur) wird nur auf schwarzen Feldern landen.

Damit ist Regel (S2) überflüssig und kann durch Regel (S1) ersetzt werden. Die Regeln (S1) und (S2) sind nicht voneinander unabbhängig.

Der rote und der blaue Spielstein sind beweglich.

Dabei ist es völlig egal, dass es bei dieser Spielvariante keinen Sieger geben kann, da das letzte (rechte) weiße Feld nie erreicht werden kann. Damit ist das Regelsystem (S1)(S3) nicht vollständig. Dennoch kann das Spiel gespielt werden.